Allgemeines
Die abgelaufene Saison war für die Atlanta Falcons eine Achterbahnfahrt der Gefühle: man konnte eine der besten Offensiven in der Geschichte der NFL installieren, in den Super Bowl einziehen – und schließlich dort einen 25-Punkte-Vorsprung noch verspielen. Der Schmerz ist natürlich groß. In der Offseason verlor man neben Offensive Coordinator Kyle Shanahan (neuer Head Coach der San Francisco 49ers) auch den Defensive Coordinator: ziemlich turbulent also – das hat sich im Detail getan:
Coaching Änderungen
Coach 2016 | Coach 2017 | |
---|---|---|
Offensive Coordinator | Kyle Shanahan | Steve Sarkisian |
Defensive Coordinator | Richard Smith | Marquand Manuel |
Quarterbacks | Matt LaFleur | Bush Hamdan |
Runningbacks | Bobby Turner | Keith Carter |
Defensive Line | Bryan Cox | Bryant Young |
Offensive Coordinator
Kyle Shanahan konnte sich im vergangenen Jahr zu einem der begehrtesten Trainer der gesamten Liga mausern und verlässt die Falcons um neuer Cheftrainer der San Francisco 49ers zu werden. Für Atlanta natürlich ein herber Verlust, konnte Shanahan doch eine enorm erfolgreiche Offensive einführen. Sein Nachfolger wird Steve Sarkisian: der 43-Jährige ist College-Football-Fans kein Unbekannter, war er doch schon als Head- (2014-2015) und QB-Coach (2001-2003 & 2005/06) bei USC bzw. bei Washington (2009-2013) tätig. Jüngst übernahm er für das College-Finalspiel zwischen Clemson und Alabama den Posten des Offensive Coordinators für ein Spiel von Lane Kiffin – bekanntlich musste man sich in den letzten Sekunden Deshaun Watson und den Clemson Tigers geschlagen geben.
Die Bestellung Sarkisians kam überraschend, fiel er doch häufig auch außerhalb des Spielfelds auf: seine Zeit an der Universität von Südkalifornien endete nachdem er Trainings verpasste bzw. vermehrt betrunken zu diesen erschien. Schon an der Universität von Washington hatte er mit diesen Problemen zu kämpfen. Ein Aufenthalt in einer Entzugsklinik folgte.
Defensive Coordinator
Shanhans Abgang hat so ziemlich jeder NFL-Fan mitbekommen – dass die Falcons aber auch noch ihren Defensive Coordinator austauschten, scheint manchmal in Vergessenheit zu geraten: Marquand Manuel kommt für Richard Smith zum Team. Smith scheint sich mit Head Coach Dan Quinn nicht mehr wirklich gut zu verstanden haben, Quinn übernahm öfter das Playcalling für die Falcons-Defensive. Manuel hingegen gilt als Liebling Quinns, kam zusammen mit seinem Chef von den Seattle Seahawks nach Georgia und trainierte in den vergangenen beiden Jahren die Defensive Backs. Quinn dürfte ihn ruhig aufbauen – ähnlich wie es Pete Carroll mit ihm einst bei den Seahawks machte.
Quarterbacks
Bush Hamdan kommt von der Universität von Washington und ersetzt den zu den L.A. Rams abgewanderten Matt LaFleur. Hamdan spielte selbst als Quarterback an der Universität von Boise State und ist seit 2009 als Coach bei diversen Unis tätig. Bei den Washington Huskies war er für die Wide Receiver zuständig – mit 31 Jahren ist er etwas jünger als Matt Ryan.
Runningbacks
Keith Carter ersetzt als den nach San Francisco abgewanderten Bobby Turner. Wie schon bei DC Manuel, fand man den Ersatz schon im eigenen Team: Carter assistierte in der Ära Quinn bisher Chris Morgan als O-Line Coach. Nun steigt er zum RB-Coach auf.
D-Line
Bryan Cox wurde nach sehr dürftigen Leistungen entlassen – Bryant Young kehrt nach fünf Jaren Coaching-Pause wieder auf die ganz große Bühne zurück. Er und Quinn kennen sich auch schon lange, Young spielte unter Quinn bei den San Francisco 49ers Anfang der 2000er und zusammen trainierte man an der Universität von Florida.
Free Agency
Spieler verloren/entlassen
Spieler | Position | Neues Team |
---|---|---|
Patrick DiMarco | FB | Buffalo Bills |
Dwight Freeney | DE | FA |
Aldrick Robinson | WR | San Francisco 49ers |
Paul Worrilow | LB | Detroit Lions |
Eric Weems | WR | Tennessee Titans |
Tom Compton | T | Chicago Bears |
Philip Wheeler | LB | Arizona Cardinals |
Tyson Jackson | DT | FA |
Jonathan Babineaux | DT | Rücktritt |
Jacob Tamme | TE | FA |
Sean Weatherspoon | LB | FA |
Chris Chester | G | Rücktritt |
- Patrick DiMarco
DiMarco schließt sich den Buffalo Bills an und wird dort ein enormes Upgrade darstellen – dementsprechend schwer wiegt der Verlust bei den Falcons. Der 28-Jährige ist einer der besten Blocker auf seiner Position und war sicherlich auch ein großer Faktor für das starke Laufspiel von Devonta Freeman und Tevin Coleman.
- Dwight Freeney
Der künftige Hall Of Famer wurde bisher noch nicht verlängert, es könnte sich aber in den kommenden Wochen noch was tun. Als Rotationsspieler ist Freeney immer noch 1A, mit seiner Erfahrung kann er jedem Team und jedem jungen Spieler enorm weiterhelfen.
- Sean Weatherspoon
Wie auch für Freeney gilt für Weatherspoon: es könnte sich noch was tun. Für’s erste trennte man sich vom Veteran. Die Verjüngungkur ist in vollem Gang.
- Chris Chester
Der Veteran wurde nicht mehr verlängert. Chester war in den vergangenen Jahren ein solider Guard, man will hier aber jünger werden.
- Jonathan Babineaux
Nach elf Jahren geht Babineaux in den verdienten Ruhestand. Er verbrachte seine gesamte aktive Karriere bei den Falcons.
Spieler verpflichtet/verlängert
Spieler | Position | Altes Team | Länge des Vertrags | Gehalt in Dollar |
---|---|---|---|---|
Desmond Trufant | CB | Atlanta Falcons | Fünf Jahre | 68,8 Millionen |
Robert Alford | CB | Atlanta Falcons | Vier Jahre | 38 Millionen |
Ryan Schraeder | T | Atlanta Falcons | Fünf Jahre | 31,5 Millionen |
Matt Schaub | QB | Atlanta Falcons | Zwei Jahre | 9 Millionen |
Jack Crawford | DL | Dallas Cowboys | Drei Jahre | 8,8 Millionen |
Dontari Poe | NT | Kansas City Chiefs | Ein Jahr | 8 Millionen |
Taylor Gabriel | WR | Atlanta Falcons | Ein Jahr | 2,7 Millionen |
Andre Roberts | WR | Detroit Lions | Ein Jahr | 1,8 Millionen |
Kemal Ishmael | S | Atlanta Falcons | Ein Jahr | 2 Millionen |
LaRoy Reynolds | LB | Atlanta Falcons | Ein Jahr | 1,3 Millionen |
Courtney Upshaw | DE | Atlanta Falcons | Ein Jahr | 1,1 Millionen |
Ben Garland | G | Atlanta Falcons | Ein Jahr | 690 Tausend |
Derrick Coleman | FB | Seattle Seahawks | Ein Jahr | 690 Tausend |
Hugh Thornton | G | Indianapolis Colts | Ein Jahr | 690 Tausend |
Ricardo Allen | S | Atlanta Falcons | Ein Jahr | 615 Tausend |
- Desmond Trufant
Big money für den Cornerback – aber auch verdient. Trufant gehört zu den besten auf seiner Position, auch wenn er immer noch ein wenig unter dem Radar schwirrt. Seine Abwesenheit in der zweiten Hälfte der abgelaufenen Saison (Schulterverletzung) schmerzte sehr, im Super Bowl wäre er sicherlich einer der wichtigsten Spieler gewesen. Sehr bittere Sache!
- Robert Alford
Des einen Leid, des einen Freud: in Abwesenheit von Trufant konnte sich Alford als erster Cornerback beweisen (Pick-Six im Super Bowl inklusive). Natürlich wird er neben Trufant gesetzt sein.
- Ryan Schraeder
2013 als Undrafted Free Agent in die NFL gekommen, mauserte sich Schraeder zu einem sehr starken Right Tackle. Schraeder weiß was er bei den Falcons hat und akzeptierte den relativ “geringen” Deal zur Vertragsverlängerung. Aus reiner Businesssicht ein absoluter Win-Win-Deal.
- Jack Crawford
Mit Crawford investierte man in die Tiefe der D-Line. Bei den Dallas Cowboys spielte der 28-Jährige auf jeder Line-Position. Ein Allround-Mann also für die Falcons.
- Dontari Poe
Durch den Abgang von Jonathan Babineaux musste man reagieren – und man tat es gleich richtig gut: Dontari Poe kommt von den Kansas City Chiefs und unterschreibt einen Vertrag über ein Jahr. Eine sehr gute Verpflichtung – klappt alles, wird man sich im kommenden Jahr um eine langfristige Verlängerung bemühen.
- Ricardo Allen
So macht man Business: die Falcons belegen ihren Free Safety mit dem Tender, wodurch Allen für sehr wenig Geld spielt – vorerst: im kommenden Jahr dürfte er richtig viel Geld machen. Kann er seine Leistungen aus dem vergangenen Jahr bestätigen, wird Allen ein umworbener Free Agent werden.
Draft
Runde | Pick | Name | Position | College |
---|---|---|---|---|
1 | 26 | Takkarist McKinley | OLB | UCLA |
3 | 75 | Duke Riley | LB | LSU |
4 | 136 | Sean Harlow | OL | Oregon State |
5 | 149 | Damontae Kazee | CB | San Diego State |
5 | 156 | Brian Hill | RB | Wyoming |
5 | 174 | Eric Saubert | TE | Drake |
- Takkarist McKinley
McKinley legte den Auftritt des NFL-Drafts hin, als er zunächst mit einem Bild seiner verstorbenen Großmutter auf die Bühne trat und dort dann die große F-Bombe zündete. Leidenschaft dürfte das Wort sein, das ihn am ehesten beschreibt. Sein Spiel ist von Energie und Passion geprägt, er gibt niemals auf und beendet was er angefangen hat. In seiner letzten Saison bei UCLA kam der Pass Rusher auf zehn Sacks, 61 Tackles und satten 18 Tackles for loss (inklusive drei erzwungener Fumbles). McKinley ist schnell und stark, hat aber noch nicht die beste Technik. Dennoch – er bringt alles mit um erfolgreich in der NFL zu spielen und zum absoluten Publikumsliebling zu werden.
- Duke Riley
Dan Quinn dürfte eine Vorliebe für Spieler von Louisiana State haben: nach Deion Jones kommt mit Duke Riley ein weiterer LSU-Linebacker zu den Falcons. Beide Spieler ähneln sich in ihrer Spielweise sehr und man dürfte die beiden auch wieder nebeneinander am Feld sehen: Riley als Will, Jones als Mike-Linebacker. Sollte Riley auch nur annähernd so gut spielen, wie Jones es in seiner Rookie-Saison tat, wird das richtig gut.
- Sean Harlow
Nachdem man sich von Chris Chester trennte, musste man logischerweise einen Ersatzmann präsentieren. Sean Harlow soll in diese Fußstapfen treten. Er kann eigentlich auf jeder Position in der Offensive-Line spielen, dürfte aber vor allem auf der Guard-Position zum Einsatz kommen. Ein guter Runblocker, dafür ein eher mau in der Pass-Protection.
Positions-Überblick
Quarterbacks
Matt Ryan startet als MVP in die neue Saison und dürfte auch unter dem neuen Offensive Coordinator Steve Sarkisian brillieren. Mehr gibt es hier eigentlich nicht zu sagen.
Runningbacks
Devonta Freeman und Tevin Coleman bilden ein sehr gefährliches Duo im Backfield. Geschwindigkeit, gute Hände, austauschbar – die beiden sind für gegnerische Defensiveinheiten nur sehr schwer zu stoppen. Im Zweifel kann man sie auch gemeinsam aufs Feld schicken. Prinzipiell dürfte Freeman der Starter am Papier sein. Während der Partie wird dann je nach Situation rotiert. Für Fantasy-Spieler ein Graus!
Wide Receiver / Tight Ends
Julio Jones dürfte mittlerweile jedem Football-Fan ein Begriff sein, er ist DER Receiver der Falcons und vielleicht der beste Passfänger der NFL. Mohamed Sanu konnte sich hinter Jones als sehr gute Alternative positionieren, Taylor Gabriel ist mit seiner unglaublichen Geschwindigkeit nur sehr schwer zu stoppen. Austin Hooper spielte eine sehr gute Rookie-Saison, er dürfte eine größere Rolle in der Offensive als Passfänger bekommen. Mit Levine Toililio steht ein guter Blocking-Tight End im Kader der Falken.
O-Line
Vier der fünf Positionen bleiben gleich: Jake Matthews (LT), Andy Levitre (LG), Alex Mack (C) und Ryan Schraeder (RT) kehren ins Team zurück und bilden eine sehr starke Einheit. Chris Chester ist nicht mehr im Team, Ben Garland oder Wes Schweitzer bzw. Rookie Sean Harlow werden sich um diesen Platz streiten.
D-Line
Dontari Poe und Grady Jarrett dürften in der Mitte gesetzt sein. Spannender wird es bei den Defensive-End Positionen: Vic Beasley könnte entweder in der Line oder als LEO eingesetzt werden – Takkarist McKinley dürfte ihm nach überstandener Verletzung gegenüberstehen. Bis dahin sollten Brooks Reed und Courtney Upshaw übernehmen.
Linebacker
Deion Jones wird der Leader dieser Einheit sein – sofern Beasley nicht neben ihm am Feld steht. Die weiteren Linebacker bilden De’Vondre Campbell, Rookie Duke Riley bzw. Kemal Ishmael.
Secondary
Atlanta spielt gerne mit einer Nickel-Defensive, weshalb hier meist ein Defensive Back mehr auf dem Feld steht (anstelle eines Linebackers). Desmond Trufant und Robert Alford sind ohnehin als Cornerback gesetzt, Brian Poole bzw. Rookie-Corner Damontae Kazee geben den Nickel-Corner. Die Safties bilden Keanu Neal und Ricardo Allen. Eine sehr vielversprechende Einheit insgesamt!
Fazit
Eine sehr schwere Saison wartet auf die Atlanta Falcons. Das Schicksal der Carolina Panthers gilt es tunlichst zu vermeiden – allerdings sind die Vorzeichen nicht unbedingt besser: man spielt in einer sehr umkämpften Division und muss es den Hunger nach mehr wieder entfachen. Das sollte ob der bitteren Niederlage im Super Bowl natürlich gegeben sein. Dennoch kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Super Bowl-Teilnehmer plötzlich beide Coordinatoren verliert. Es steht aber weiterhin ein sehr talentiertes Team zur Verfügung, dass im Draft bzw. der Free Agency vor allem auf defensiver Seite noch einmal verstärkt wurde. Alles ist möglich für die Falcons.
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